Um die Bevölkerung vor Hochwasser schützen zu können, ist es natürlich wesentlich zu wissen, wo besonders gefährdete Bereiche sind. Diese Bereiche sind in den sogenannten Gefahrenzonenplänen dargestellt, welche durch Experten und Expertinnen erstellt werden und nach einer Prüfung der Allgemeinheit zugänglich sind. Die Gefahrenzonenpläne dienen neben anderen Daten in der Raumordnung, bei Baumaßnahmen, bei Planungen von Hochwasserschutzmaßnahmen und Katastropheneinsatzplänen und vielem mehr als Basis für Entscheidungen. Außerdem dienen sie der Information und Bewusstseinsbildung für betroffene Bürgerinnen und Bürger.

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Was ist ein Gefahrenzonenplan?

Gefahrenzonenpläne (GZP) sind Fachgutachten, die das Gefährdungspotential von verschiedenen Arten von Naturgefahren darstellen. Die Gefahrenzonenpläne der Bundeswasserbauverwaltung behandeln Hochwasser und andere wassergebundene Gefahren, jene der Wildbach- und Lawinenverbauung darüber hinaus Lawinen und gravitative Naturgefahren wie Erd-Schuttströme und Steinschlag. Der Gefahrenzonenplan besteht aus einem Textteil und den Plänen.

Je nach Gefährdungsgrad gibt es unterschiedliche Zonen.

Ziel ist es, für alle Gebiete, in denen Menschen wohnen oder arbeiten, Gefahrenzonenpläne zu erstellen. Wenn sich über die Jahre Änderungen der naturräumlichen oder hydrologischen Verhältnisse ergeben (z.B. durch die Entwicklung der Raumnutzung oder durch Hochwasserschutzmaßnahmen), wird der Gefahrenzoneplan überarbeitet. Diese Überarbeitung wird als „Revision“ bezeichnet.

Wichtig zu wissen ist, dass es in Österreich zwei unterschiedliche Arten von Gefahrenzonenplanungen gibt! Je nach Zuständigkeitsbereich gibt es einen GZP der Bundeswasserbauverwaltung (BWV) oder der Wildbach- und Lawinenverbauung (WLV). Die Bundeswasserbauverwaltung ist dabei tendenziell für die größeren Flüsse zuständig, die Wildbach- und Lawinenverbauung kümmert sich um die kleineren, aber oft sehr steilen Bäche, die große Mengen an Feststoffen (Geröll, Baumstämme, etc.) mittransportieren können. Es gibt aber auch einige größere Flüsse, auf die die Definition „Wildbach“ zutrifft und die daher von der Wildbachverbauung betreut werden.

Die örtliche Zuständigkeit ist in der Einzugsgebietsverordnung festgeschrieben und über DORIS als Karte abrufbar.

Erstellung eines Gefahrenzonenplans

Ablauf für die Erstellung des GZP (BWV)

Die Gefahrenzonenpläne der Bundeswasserbauverwaltung werden vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft in Zusammenarbeit mit den jeweiligen Bundesländern erstellt. In Oberösterreich erfolgt die Abwicklung durch die vier Gewässerbezirke Braunau, Gmunden, Grieskirchen und Linz sowie durch die Gruppe Hochwasserschutz der Abteilung Wasserwirtschaft.

In einem ersten Schritt werden die Planungsgrundlagen erhoben. Dies beinhaltet die Erkundung der Gegebenheiten vor Ort und die Sammlung von Informationen, die Rückschlüsse auf Häufigkeit und Ausmaß bisheriger Hochwasserereignisse ermöglichen können. Auf Basis dieser Grundlagen werden charakteristische Hochwasserprozesse bestimmt. Diese beinhalten auch Feststoffprozesse und gewässermorphologische Prozesse, die für den jeweiligen Fluss relevant sind. Im Zuge der Abflussuntersuchung werden dann Überflutungsflächen, Wassertiefen und Fließgeschwindigkeiten für Hochwasserereignisse mit niedriger, mittlerer und hoher Wahrscheinlichkeit ermittelt. Anhand der Ergebnisse der Abflussuntersuchung insbesondere des Ereignisses mittlerer Wahrscheinlichkeit werden die Gefahrenzonen und Funktionsbereiche festgelegt.

Der Entwurf der Gefahrenzonenplanung wird dem verantwortlichen Bürgermeister oder der Bürgermeisterin übermittelt und vier Wochen zur allgemeinen Aufsicht aufgelegt. Innerhalb dieser Auflagefrist kann jede und jeder mit berechtigtem Interesse eine Stellungnahme abgeben, auf die bei der endgültigen Ausarbeitung eingegangen wird.

Nach der öffentlichen Auflage erfolgt eine Überprüfung des Entwurfs des Gefahrenzonenplans unter der Leitung eines/r Vertreters/in des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft. Diese Überprüfung wird Kommissionierung genannt. Da der Gefahrenzonenplan ein Fachgutachten ist, sollen im Rahmen der Überprüfung alle relevanten Stellen der Gemeinde, des Landes und der berührten Fachbereiche befasst werden. Die Überprüfung findet in der Regel in der Gemeinde statt und es werden dabei auch eventuelle Stellungnahmen – bei Bedarf auch bei einem Ortsaugenschein – besprochen. Das Ergebnis der Überprüfung wird in einer Niederschrift festgehalten und beschreibt auch, ob und wie die Stellungnahmen berücksichtigt wurden. Die Niederschrift ist die Basis für die Genehmigung durch den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft.

Nach der Genehmigung durch die Bundesministerin/den Bundesminister werden die Ergebnisse der Gefahrenzonenplanungen den Planungsträgern auf Landes-, Bezirks- und Gemeindeebene, vor allem für die Bereiche der Wasserwirtschaft, der Raumplanung und des Katastrophenschutzes, in geeigneter Weise zur Verfügung gestellt. Die Ergebnisse werden auch veröffentlicht. In Oberösterreich erfolgt dies unter Anderem auf der DORIS-Plattform (http://doris.ooe.gv.at/ ).

Ablauf für die Erstellung des GZP (WLV)

Für die Erstellung der Gefahrenzonenpläne ist die Bundesministerin oder der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft unter Heranziehung von Dienststellen zuständig. Zu diesen Dienststellen gehören die 7 Sektionen, die in ganz Österreich verteilt sind. Den Sektionen unterstehen wiederum Gebietsbauleitungen, insgesamt gibt es 21 in ganz Österreich. Die Sektion Oberösterreich umfasst drei Gebietsbauleitungen: OÖ Nord, OÖ West und OÖ Ost.

Bei der Abgrenzung der Gefahrenzonen kommen unterschiedliche Methoden zu Anwendung. Neben der historischen Methode, bei der Informationen zu vergangenen Ereignissen aus Berichten oder Chroniken bzw. von Zeugen analysiert werden, kommen auch noch statistische und rechnersiche Verfahren zum Einsatz. Meist werden auch Computermodelle – sogenannte Numerisch-mathematische Modelle – verwendet, die die Situation realitätsgetreu abbilden. Bei Hochwasser und anderen wassergebundenen Naturgefahren entspricht die Vorgehensweise im Großen und Ganzen  der „Abflussuntersuchung“, die im folgenden Kapitel beschrieben ist.

Ein wichtiger Punkt ist aber auch die Begehung vor Ort, bei der man durch das Landschaftsbild, Geländegegebenheiten und sogenannte „Stummen Zeugen“ auf Art und Häufigkeit von bereits abgelaufenen Naturereignissen schließen kann. Die Begehung ist auch essentiell um die Ergebnisse eines Computerodells zu evaluieren und auf Plausibilität zu prüfen.

Bevor ein Plan jedoch endgültig fertig ist, durchläuft er drei vorgeschriebene Prüfungsphasen. Nachdem der Entwurf koordiniert und fachlich vorgeprüft wurde, wird er der zuständigen Bürgermeisterin oder dem Bürgermeister übermittelt und mindestens vier Wochen zur allgemeinen Einsicht aufgelegt. Jede und jeder mit berechtigtem Interesse kann innerhalb der Auflegefrist dazu Stellung beziehen. Danach erfolgt eine komissionelle Überprüfung, bei der Vertreterinnen und Vertretern des zuständigen Bundesministeriums, des Landes, der Gemeinde und der zuständigen Dienststelle den Plan überprüfen und die zuvor abgegebenen Stellungnahmen in Erwägung ziehen.

Die wichtigsten Gefahrenzonen

Die Einteilung in die verschiedenen Zonen erfolgt aufgrund der Bewertung der Überflutungsflächen des HQ100 hinsichtlich Gefährdungs- und Schadenspotential, welches anhand der errechneten Wassertiefen und der vorherrschenden Fließgeschwindigkeit ermittelt wird. Die Abgrenzung der Roten Gefahrenzone, in der „Gefahr für Leib und Leben“ besteht, erfolgt anhand eines kombinierten Kriteriums aus Wassertiefe und Fließgeschwindigkeit. Bei großen Wassertiefen wird auch bei geringen Fließgeschwindigkeit die Rote Zone ausgewiesen. Bei hohen Fließgeschwindigkeiten besteht schon bei geringen Wassertiefen Lebensgefahr. Die Abgrenzung ist in der folgenden Grafik dargestellt.

Neben der Roten und Gelben Gefahrenzone werden zudem folgende unterschieden:

Die Gefährdungsbereiche haben verschiedene Bedeutungen und auch rechtliche Auswirkungen für betroffene Flächen. Liegt ein Grundstück innerhalb einer gefährdeten Fläche (30-jährlicher oder 100-jährlicher Abflussbereich oder ausgewiesene Gefahrenzonen) sind unbedingt weitere Informationen zur möglichen Nutzung einzuholen!

Die Flächen sind in den GIS-Portalen der Länder bzw. im Umwelt Atlas Bayern einzusehen

Oberösterreich DORIS Themenbereich „Wasser & Geologie“ www.doris.at

Salzburg SAGIS Themenberiech „Wasser – Naturgefahren-Gefahrenzonen“ www.salzburg.gv.at

Umweltatlas Bayern Themenbereich „Naturgefahren“ https://www.umweltatlas.bayern.de/startseite/

Erstellung einer Abflussuntersuchung

Generell sind Hochwasserabflussuntersuchungen Gutachten, die das Hochwasserabflussgebiet bei einem bestimmten Hochwasserereignis (HQ30/HQ100/HQ300) darstellen. Im Normalfall wird die Modellierung und Simulation mit speziellen Computerprogrammen durchgeführt. Die einzelnen Schritte und Grundlagendaten werden im Folgenden näher erläutert.

Geländemodell

Die gesamte Landesfläche ist im sogenannten „Digitalen Geländemodell“ erfasst, welches die Grundlage für alle weiteren Arbeitsschritte zur Erstellung der Gefahrenzonenpläne bildet. Das digitale Geländemodell bildet die Geländeoberfläche sehr detailliert ab und wird mittels flug-gestützter Laservermessungen erstellt. Da hier auch Gebäude, Waldstrukturen etc. miterfasst werden, wird das Geländemodell nachbearbeitet, um nur die rein topographischen Strukturen (Oberflächenstruktur, Gewässerläufe etc.) zu erhalten. Mit einer Vermessungsdichte von 9 Messpunkten pro m2 ist das Geländemodell sehr exakt.

Abflussganglinie

Um durch das digitale Geländemodell eine passende Abflusswelle durchschicken zu können, benötigt man hydrografische Grundinformationen in Form von Abflussganglinien.

Der Abfluss gibt die Menge an Wasser an, die in einer gewissen Zeiteinheit durch einen Flussquerschnitt abfließt. Eine Abflussganglinie stellt den Verlauf des Abflusses über eine gewisse Zeitperiode dar.

Niederschlags-Abflussmodell (NA-Modell)

Unter Berücksichtigung der Geländeform, der Landnutzung und der Bodeneigenschaften sowie von Verlustbeiwerten wird ein Computermodell erstellt, das aus einer definierten Niederschlagsmenge und Niederschlagsdauer die zugehörige Abflussganglinie berechnet. Je nach Größe und Beschaffenheit des Einzugsgebietes können unterschiedliche Eingangsdaten verwendet werden um möglichst realitätsnahe Ergebnisse zu erzielen. Typischerweise werden bei NA-Modellierungen die Abflussganglinien eines Hochwasserereignisses mit 30-, 100- und 300- jährlicher Eintrittwahrscheinlichkeit ermittelt. Diese Informationen gewinnt man beispielsweise aus alten Aufzeichnungen, von Hochwassermarken oder durch die Berichte von Ortsansäßigen.

Hydrodynamisches Modell

Das hydrodynamische Modell ist nun jenes Instrument, mit dem aus dem Geländemodell und den Abflussganglinien Überflutungsflächen berechnet werden. Das Geländemodell wird dazu noch mit Rauigkeiten ergänzt, welche die unterschiedlichen Strukturen der Geländeoberfläche widerspiegeln. Dies ist wichtig, da die Rauigkeiten maßgblich den Fließwiderstand und somit die Fließgeschwindigkeit beeinflussen. Auf einer sehr glatten Asphaltoberfläche fließt das Wasser beispielsweise viel schneller ab als auf einem Getreidefeld im Sommer, wo der Oberflächenabfluss durch die Pflanzen stark gebremst wird. Andere lokale Begebenheiten wie der Transport von Geröll während eines Hochwasserereignisses oder die Änderung der Vegetation mit dem Jahresverlauf müssen nach Bedarf auch miteinbezogen werden.

Darstellung der Ergebnisse

Überflutungsflächen

Überflutungsflächen werden für HQ30, HQ100 und HQ300 in einem Lageplan dargestellt. Der 30-jährliche Hochwasserabflussbereich stellt dabei den Abflussbereich mit hoher Überflutungshäufigkeit dar, der 100-jährliche Hochwasserabflussbereich den Bereich mit mittlerer Häufigkeit. Der 300-jährliche Hochwasserabflussbereich stellt die Hinweiszone für Überflutungen durch seltene Hochwässer dar. Zusammen mit den Überflutungsflächen, die aufgrund des Versagens einer Schutzmaßnahme oder der Überschreitung des Schutzgrades einer Hochwasserschutzmaßnahme zustande kommen, ergeben sich daraus sogenannte „Restrisikogebiete“. In Oberösterreich wird hierzu der vormalige HQ100 Abflussbereich durch das Weglassen linearer Hochwasserschutzanlagen im Modell ermittelt. Dieser Bereich soll unter anderem darauf hinweisen, dass bei Extremereignissen im Überlastfall trotz Vorhandensein von Hochwasserschutzmaßnahmen eine Überflutung stattfindet! Durch entsprechende Vorschreibungen bei der Flächenwidmung und der Bebauung wird dieser Gefährdung Rechnung getragen.

Fließgeschwindigkeiten

Die Darstellung der Fließgeschwindigkeit erfolgt in Intervallen, die farblich gekennzeichnet sind. Zur Ersichtlichmachung der Fließwege werden auch Pfeile in Fließrichtung eingezeichnet. Die Darstellung erfolgt ebenfalls für HQ30, HQ100 und HQ300.

Wassertiefen

Die Wassertiefen werden ebenfalls in Intervallen dargestellt.